Kapitel 1

 

Jeanette strich über ihre Gewänder und als sie an sich herunterblickte staunte sie über sich selbst nicht schlecht, sie hatte all ihre weiblichen Züge gut unter den Roben versteckt, sie hatte die Roben von ihrem Bruder der diese trug wenn er als Gehilfe für die Gelehrten am Hofe unterwegs war. Ihr Haar hatte sie sich gestern Nacht schon kurz geschnitten , sie ragten grad so über ihre Ohren damit man ihre Ohrlöcher nicht sah. Es war Winter und sie zog sich noch einen dicken, schweren und schwarzen Wollmantel über, dessen Kapuze so groß war das man ihr Gesicht nicht erkannte. Mit ein bisschen Dreck und Ruß vertuschte sie ihre weiblichen Gesichtszüge und lächelte verschmitzt, so würde sie Tatsächlich davon kommen, damit hätte sie wahrscheinlich sogar eine Chance bis weit in das Land hineinreißen zu können. Hier in der großen Hafenstadt hielt sie nichts mehr, ihr Bruder war außer Haus am Hofe und hatte nur diese Ersatzgewänder hier, ihre Mutter war bei ihrer Geburt gestorben und ihr Vater war ein Säufer der sich egal ob Tag oder Nacht in den Schänken am Hafen herumtrieb. Ihr Vater bemerkte sie nie und nahm sie nicht wahr, er soff und verspielte das schwer verdiente Geld von ihrem Bruder, sie war keine Hilfe sondern nur eine Last für ihren Bruder, ein Esser zu viel. Ihr Bruder lies sie nicht arbeiten, er wollte das sie nur daheim war, damit wolle er sie beschützen doch sie sah da keine Chance, drei mal schon brachte ihr Vater weitere Grobe Kerle mit nach Hause und hatte denen seine Tochter versprochen, drei mal war Jeanette schon geflohen. Aber ihr Bruder wollte dies nicht wahrhaben immer wieder lies er sie hier im Stich mit ihrem Vater. Nun schüttelte sie den Kopf sie sollte nicht so viel nachdenken und gucken das sei fortkam, sie wusste zwar was sie damit auslösen würde aber hier konnte sie einfach nicht länger bleiben. Jeanette schlich durch den Flur und horchte ob ihr Vater schon nach Hause gekommen war, als sie nichts hörte schlich sie zum Dienstboteneingang der seit Jahren schon von keine Dienstboten benutzt wurde, sie hatten alles verloren und das Haus selber sah in einem schlechten Zustand aus, außen wie innen. Sie schluckte schwer, obwohl sie sich ziemlich sicher war das man nicht um sie trauern würde, wenn sie außerhalb des Hauses unterwegs war sah man sie nur abschätzig an. Man hatte sie schon immer über sie geärgert, sie sei nicht gut erzogen da ihre Mutter früh verstorben was und sie mit Vater und Bruder aufgewachsen war. Ja sie wusste ziemlich gut was über ihre Familie hinter vorgehaltener Hand geredet wurde, am Hofe sowie hier in der Stadt.

Klar war der Hof hier nahe bei der Hafenstadt schrecklicher und offener als der Hof bei London, Intrigen herrschte jedoch Gleichermaßen an beiden Orten. Jeanette hatte dafür nie viel übrig gehabt, man sah sie sowieso nie gern bei Öffentlichen Anlässen, ihre Art und Weise sprach zusätzlich niemanden an. Sie war schon immer ein aufmüpfiges Kind gewesen und da man ihr ohne hin schon kein Anstand zusagte viel sie dadurch weiter in den Dreck. Die Damen betrugen sich darauf kaum eine Miene zu verziehen komme was wolle und bloß nie freundlich aussehen, nie auch nur ein bisschen Spaß zeigen und laut lachen war auch nicht gern gesehen. Jeanette hingegen war anders, sie lachte wenn ihr danach war und sie tobte sogar mit Kindern auf der Straße herum und letzten Endes konnte sie ja wohl für ihre Kleidung nichts. Sie besaßen kein Geld um ihr neue Anfertigen zu lassen und demnach bestickte sie ihre Kleider ein wenig selber damit nicht sofort zu sehen ist das die Kleider langsam alt und zerschlissen waren. Sie hatte das ganze so was von satt, mit ihrer Familie war sie fertig und zurückkehren käme sowieso nicht in frage. Sie lief durch die Gassen zu dieser Stunde trieben sich nur wenige Leute herum, den meisten wollte man besser nicht in die Arme laufen und das waren die Meuchler, Mörder und Diebe. Ansonsten waren Betrunkene und einige wenige Dienstboten unterwegs, die meisten in der Hafenstadt schliefen, an den Docks jedoch war selbst Nachts geschäftiges treiben. Und genau dort wollte sie nicht hin also lief sie zum Stadtrand, als sie dort in der Nähe der Stadtmauer war blickte sie um die Hauswand und beobachtete wie die Wachen patrouillierten. Entnervt suchte sie nach einer Möglichkeit hindurch zu gelangen ohne aufzufallen oder gar angesprochen zu werden, erst entdeckte sie ein ratterndes Fuhrwerk das jedoch in die Stadt steuerte was ihr ja nicht half, sie musste hinaus. Enttäuscht blickte sie die große Straße hinab, doch dort war niemand zu sehen als plötzlich am Tor Tumult ausbrach. Die Maultiere scheuten und fingen an wild Durcheinander zu laufen, da lief Jeanette ohne groß nachzudenken los, schlich sich von hinten an und mischte sich unter den Tumult von Maultieren und Menschen die die Tiere zu beruhigen versuchten. Bis sie am anderem Ende ankam und aus der Stadt huschte und erst am Waldrand hielt sie an, niemand hatte sie bemerkt. Jeannette strich sich das Haar hinters Ohr um sie dann wieder über ihre Ohren fallen zu lassen und blickte sich um, bisher war sie nur 5 mal außerhalb der Stadtmauern gewesen und wusste grad keinen Rat wo sie lang sollte. Soweit sie sich erinnern konnte folgte man der Handelsstraße bis zu einer Kreuzung, einer 4 Gabelung von diesem Weg. Sie überlegte welche wohin führte und lief schon mal los, abseits neben der Straße im Gebüsch aber so das sie die Straße nicht aus den Augen verlor. Eine Gabelung würde in die Berge führen, eines ins Flachland und eins tief in die Schlucht die sich laut aller Gelehrten vor 5 Jahrhunderten erst gebildet hatten durch Erdbeben und desgleichen. Nach einiger Zeit, sie konnte nicht sagen ob es eine oder vier Stunden gewesen waren, kehrte auf der Handelsstraße mehr Betrieb ein. Fuhrwerke und Händler wollten zur Morgendämmerung und zum Marktbeginn in der Stadt sein um ihre Stände aufzubauen. Als sie Hunger bekam lief sie eine Weile auf der Straße und mit heruntergezogenen Kapuze und verstellter Stimme bat sie um etwas zu Essen, sie behauptete auf Reisen zu sein für einen Edelmann aus der Hafenstadt und man habe sie ihres Pferdes und des Essens bestohlen. Tatsächlich bekam sie von einer Bauersfrau mit ihrer Familie ein Stückchen Brot und mit den Worten "Der Herr möge euch beschützten ob eurer Gnade so fein!" zog Jeannette weiter. Der Morgen war fast schon rum und die Sonne erreichte langsam ihren Höchststand, als sie endlich die Weges Gabelung erreichte und dort stand sie dann, ratlos in welche Richtung sie gehen sollte. Demnach entschied sie sich zur Schlucht zu gehen der Cheddar Gorge , dort wollte sie erstmal im Dorf Cheddar einkehren und sehen ob sie dort Essen bekommen könnte oder sogar kleine arbeiten verrichten konnte um sich was leisten zu können. Jeanette lief bis die Sonne hoch am Himmel stand und sie die Schlucht vor sich ausbreiten sah, sie würde wohl erst am Abend in dem Dorf an kommen. Entsetzt setzte sie sich auf einen Stein am Wegesrand und dachte darüber nach wie Naiv sie doch war, zu glauben schnell voran zu kommen, die Strecken waren weiter als sie gedacht hatte. Allein der Anblick der Schlucht lies sie schätzten über eine Woche zu brauchen bis sie das andere Ende erreichen würde.
Ihre Füße waren es einfach nicht gewohnt solche lange Strecken zu gehen, Jeannette rieb sich übers Gesicht. Umkehren brauchte sie erst gar nicht zu tun, aber war die Schlucht die richtige Entscheidung gewesen? Während sie so darüber nachdachte kam ein Bauer mit einem Holzkarren voller gackernder Hühner an ihr vor rüber , erst als er schon einige Meter von Jeannette entfernt war hielt er seine Ochsen an : "Mädchen, allein hier herum zu sizten bringt dich nicht weiter!" Erschrocken fuhr Jeannette hoch , sie brauchte einen Moment um sich zu fassen und versucht mit verstellter Stimme zu sprechen : " Ich .... ähm ich finde es frevelhaft mich als Weib zu bezichtigen!" ich versuchte mich ganz gerade und stolz hinzustellen doch der Blick des Mannes sagte ihr das sie ihn nicht täuschen konnte. Seine nächsten Worte bestätigten dies: "Glaub mir , so kommst du nicht als Bursche durch ich hab 8 Söhne groß gezogen ich weiß wovon ich rede!" , geknickt so schnell aufgeflogen zu sein senkte Jeannette ihr Haupt fast schon kleinlaut sprach sie dann :" K...Könntet ihr mich mit in die Stadt nehmen ? ich werde euch nicht lange behelligen... ich schwöre es euch !"  Der Bauer sah nachdenklich zu ihr herunter und reichte ihr dann seine Hand: "Meine Frau zieht mir das Fell über die Ohren wenn ich einem Mädchen nicht helfen würde!" er lächelte ihr aufmunternd zu und Jeannette ergriff seine Hand um aufzusteigen. Jeannette hatte nur von Bauern bisher so von ihren Frauen reden hören, sie waren doch ganz anders als die Leute in der Stadt. Eine Frau schien hier mehr Wert zu sein und seine Aussage zeugte eindeutig von Respekt, sie sah ihn musternd an konnte jedoch nichts besonderes an ihm erkennen. Er dürfte ungefähr so alt sein wie ihr Vater, die Ochsen setzten sich mit einem Ruck in Bewegung sodass sie nun auch ihr Blick von dem Bauern löste. Jeannette sah der Stadt entgegen und bis sie dort ankamen sprachen sie nicht mehr miteinander, erstaunt über das rege Treiben in diesem Städtchen sah ich dabei zu wie die Kinder spielten und den Eltern bei ihren Aufgaben halfen. Vor einem sehr großem Bauernhof hielt der Mann an und sie stieg ab: "Ich danke euch Herr ich we....." - "Du kommst zu Spät, was bist du nur für ein Vorbild für deine Söhne.... und wen hast du da schon wieder mitgebracht?" eine Frau , leicht untersetzt kam auf das Ochsengespann zu und ging darum herum bis diese vor Jeannette stand. Sie packte Jeannette am Kinn und verengte die Augen: "Komm rein Mädchen !" sagte sie mehr schroff als liebevoll und fast schon Bange sah Jeannette einem Ungewissen Tagesende entgegen. Der Bauer lächelte ihr nur zu und

 

 

 

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