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So ging es zu im Mittelalter...

Wir schreiben das Jahr 1453, mein Name ist Bernhard von Hohenfels.

Wenigstens hieß ich zu meinen Lebzeiten so, bis ich bei einem ritterlichem Zweikampf mein Leben verlor.

Heute bin ich der Burggeist von Burg Drachenstein und wer kennst die Geschehnisse besser als ein Geist,

schließlich bin ich überall und unsichtbar, manchmal trete ich auch in Erscheinung,

immer wenn es darum geht, unliebsame Gäste des Grafen zum Aufbruch zu bewegen.

Ist so ein Abkommen zwischen dem Grafen und mir. Überhaupt,

hat er mir die ehrenvolle Aufgabe übertragen in seiner Abwesenheit ein Auge auf den Burgbetrieb zu halten.

Somit kommen wir auch schon zum Thema, die Bewohner unserer stolzen Burg. 

Da wäre zuerst natürlich Graf Wolfram von und zu Drachenstein ein

stattlicher Mann von wohlgefälligem Wuchs, mit schwarzem Haupthaar und einem gestutztem Kinnbart.

Ein gerechter, wenn auch strenger Herr. Von sienem Untertanen verlangt er lediglich

den 10ten Teil und das ist gerecht, denn schließlich muss ja auch er seinen Tribut an den König zahlen.

Übrigens hat unser Herr Graf die Leibeigenschaft aufgehoben, was ihn beim Volke höchst beliebt macht.

Als nächstes in der Hierarchie steht da die Gräfin Adelheit von und zu Drachenstein,

eine wirkliche Dame, still und von bester Manier, gutherzig und wunderschön.

Ihr langes, dunkles Haar glänzt wie Edelsteine. Das fand übrigens auch unser Hofmeister Gailhard.

Während sich der gnädiger Herr auf Reisen befand machte er der Gräfin seine Aufwartung und

näherte sich ihr auf gar unschicklicher Weise, 

was natürlich empört zurück wies. Nach der Rückkerh unseres Grafen gestand er unter Folter seine Missetat,

aus der nächsten Stadt wurde der Scharfrichter herbeizitiert

und Gailhard nezahlte seine Dreistigkeit mit dem Verlust seines Kopfes,

wie schon erwähnt, unser Herr kann auch streng sein.

Übrigens ist unsere gnädige Frau Gräfin wieder in guter Hoffnung und

erwünscht sich  sehnlichst eine Tochter. 

Dank der Fürsorge des Herrn Grafen und der Heilkunst des Medicus erfreut sie sich bester Gesundheit.

Noch zu erwähnen wäre, daß der Hofmeister blond und blauäugig war, es bleibt abzuwarten ...

Dann wäre da noch Fidibus, der 11-jährige Sohn unseres Grafenpaares, ein kleiner Wirbelwind,

der schon heute wie der Leibhaftige reitet und das Schwert

in einer Nonchalance schwingt.

Sein Lehrer der Marquis de Orléons, ein Meister der Schwertkunst unterrichtet ihn

täglich zwei Stunden in diesem edlen Handwerk, aber er lehrt ihm auch das Schreiben, 

Rechnen und unterweist ihn in die schönen Künste.

Ihm zur Seite steht die Amme des jungen Grafens und das in allen Lebenslagen, wie ich mit eigenen Augen,

in der Nacht sehen konnte. Aber nun, ich will hier keine Gerüchte verbreiten,

denn derer gibt es schon genug, nebst all der kleinen Ränken und Intrigen, 

obwohl dadurch das Leben eines Geistes recht amüsant wird.

Auf der Rangliste stehen als nächstes die Ritter, von denen haben wir zur Zeit derer

drei, die da wären ... Otto von Habenichts, Friedhelm von Grossenschreck und Gottfried von Tunichgut.

Bei meiner Ritterlichkeit, diese drei halte ich für ausgemachte Spitzbuben,

die unserem Herrn Grafen nur auf der Tasche liegen.

Haben in ihrem ganzem jämmerlichen Leben noch nie die Waffe in einem Kampf geschwungen,

aber prahlen ständig mit ihren Heldentaten,

laufen jedem Weibsbild nach und lassen sich von vorne bis hinten von ihren Knappen bedienen.

Ausserdem sind ihre Scheinkämpfe einfach nur lächerlich, denn im Ernstfall würden sie

nicht einmal einen Heuwagen treffen, aber wie wahr, zu einer Burg gehören nun mal Ritter.

Selbstverständlich haben wir hier jede Menge Bedienstete, die Kammerzofen der Frau Gräfin,

die  Kammerdienern des gnädigen Herrn, der Rittermeister und die Stallburschen, 

die Köchinnen und die Lakaien, dann die Näherinnen und natürlich jede Menge einfaches

Volk für die niederen Arbeiten.

Es sei hier nicht von Nöten, jede einzelne Person aufzuführen. Hervorheben möchte ich

jedoch die Tätigkeit der Waschfrauen, eine gar schindene Arbeit.

In einem hinter der Burg liegendem Nebengebäude stehen die großen Waschzuber,

unter denen ein Feuer entfacht wird.

Das Wasser muss aus dem Brunnen, der sich im Burghof befindet, mit Holzeimern herangeschafft werden.

Eine Substanz, die gar übelriecht und aus abgekochten Tierknochen hergestellt wird,

benutzt man zum Waschen der Tücher und Bekleidung.

Anschließend werden die Wäschestücke am nahen Bach ausgeschlagen, was im Winter sehr mühsam ist,

da der Bach oft zugefroren ist und erst aufgehackt werden muss.

Die Bekleidung unserer Herrin wird selbstverständlich noch mit Rosenwasser behandelt,

was ihrer Lieblichkeit zu Ehre gebührt.

In der Schmiederer ist es im Winter wesentlich gemütlicher, aber im Sommer natürlich auch unerträglich heiß.

Unser Schmied und seine Gesellen sind wahre Meister ihrer Zunft.

Gerne sitze ich des Abends auf dem Amboss und höre ihren Geschichten zu.

So gesehen führen wir hier ein recht ruhiges Leben, die einzige Unterbrechung sind die Gastmahle,

die unsere Herrschaft gelegentlich gibt.

Da wird vorher zur Jagd geblasen und so manches Wildschwein und Reh muss sein Leben lassen,

auch Fasane sind bei den Gästen sehr beliebt.

In der Küche ist dann die Hölle los und es werden noch Frauen aus dem Dorf zur Hilfe herbeigezogen.

Da wird gebacken und gebraten und manche Küchenhilfe bekommt den hölzernen Kochlöffel

der Hauptköchin zu spüren, wenn sie nicht recht sputet.

Besonders die kleine Sophia hat unter der dicken Vettel zu leiden.

Dafür haben ich ihr einmal die Kordeln an ihrem Mieder gelöst, der Anblick war nicht gerade

erquickend und lies selbst einen tapferen Ritter wie mich erschrecken,

dagegen wäre mir selbst der Kampf gegen einen echten Drachen genehm.

Aber das Ganze hat auch seine gute Seite, nach der Festlichkeit dürfen die Bediensteten

die Reste des Festmahls unter sich aufteilen, 

somit wird noch manch hungriger Magen gefüllt. Doch besonders beliebt sind die Burgfeste,

die da anlässlich eines besonderen Ereignisses im großen Rittersaal stattfinden.

Da spielen Musikanten zum Tanze auf, Gaukler zeigen ihre Kunststücke und Minnesänger geben,

zum Teil sehr pikante, Baladen zum Besten, ein recht erbauliches Vergnügen.

Übrigens haben wir auch Weinberge und stellen ein gar vorzügliches Tröpfchen her,

schon bei dem Gedanken läuft mir das Wasser im Munde zusammen,

wenn das denn noch mal mäglich wäre. Auch unsere Pferdezucht kann sich sehen lassen und

ist weit über die Grenzen des Landes bekannt, selbst seine Majestät der König

haben schon gnädigst geruht, Pferde bei uns zu erwerben. Darauf ist unser

Rittmeister Heinrich von Niedergaul so stolz, daß er neulich vor lauter Überheblichkeit über den 

Stallbesen gestolpert ist und in einem Haufen Pferdeäpfel stürzte, ein schier köstlicher Anblick.

So Ihr Leute der lesenden Zunft, für heute habe ich wohl der Geschichte zu genüge erzählt,

denn auch ein Geist braucht seine Ruhe. Ausserdem ist bald Schlafenzeit 

und da tut sich so einiges in den Kammern, das darf ich mir natürlich nicht entgehen lassen .. Ihr wisst schon?

Euer ergebener Bernhard von Hohenfels

 

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